17.03.2016 - Während die vom Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) vertretene Computer- und Videospielindustrie die jüngste Reform des deutschen Urhebervertragsrechts begrüßte, kritisierte die Spiele-Autoren-Zunft (SAZ), die sich schon seit längerem für eine Besserstellung von Gesellschaftsspiele-Erfindern in Vertragsabschlüssen einsetzt, den jetzt vom Kabinett verabschiedeten Entwurf als "verwässert und verstümmelt". Ziel des Justizministeriums war es, die Position von Urhebern zu stärken, um es ihnen zu erleichtern, ihre Ansprüche auf angemessene Vergütung durchzusetzen. Bislang riskierten Kreative, die diesen gesetzlichen Anspruch tatsächlich einfordern wollten, von den Verwertern auf eine schwarze Liste gesetzt zu werden und keine Aufträge mehr zu bekommen. So genannte "Total Buy-Outs" − Einmalzahlungen, mit denen Urheber alle Rechte an ihren Werken abtreten − fallen häufig zum Nachteil der Kreativen aus, was auch nach Einschätzung des Ministeriums zu teils unangemessen niedrigen Entlohnungen führt.

Im Januar hatte der BIU einen früheren Entwurf kritisiert, weil dieser den "Handlungsbedarf pauschal aus einem angeblichen branchenübergreifenden Marktversagen zu Lasten der Urheber" ableite, ohne dies zu beweisen. Außerdem sei nach Ansicht des Verbandes verkannt worden, dass Computerspiele anders als etwa Bücher oder Musik von großen Teams entwickelt würden, und man neben klassischen Werk-Arten auch urheberrechtlich geschützte Software benutze, weshalb sich digitale Spiele am Ende nicht nur einem Urheber zuordnen ließen. Dem Verband der Videospielindustrie passte nicht, dass nach dem Entwurf jeder einzelne dieser Urheber einen Anspruch darauf erhalten sollte, die Erlaubnis zur Nutzung seiner kreativen Leistung auch nach Entlohnung zu widerrufen und detailliert Auskunft über jede einzelne Verwertung zu verlangen. Hier befürchtete der BIU eine "massive bürokratische Mehrbelastung" und "wirtschaftlich nicht mehr tragbare Risiken" für seine Mitgliedsfirmen. Der Verband erkenne zwar die berechtigten Interessen der Urheber an, deren Stärkung solle jedoch nicht durch "ungeeignete und kontraproduktive Maßnahmen" erreicht werden; man sah sogar die Attraktivität Deutschlands als Standort für die Spieleentwicklung "massiv" gefährdet. Die jetzige Version wertet der BIU als "deutlichen Fortschritt", mahnt aber noch "dringenden" Verbesserungsbedarf an, um Deutschland im internationalen Wettbewerb nicht weiter ins Hintertreffen geraten zu lassen. So stört den Herstellerverband nach wie vor der Auskunftsanspruch.
Die SAZ hingegen nahm nach eigener Aussage "mit Erschrecken" die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs zur Kenntnis, weil die neue Version gegenüber dem Referentenentwurf "völlig verwässert" sei und "alle vollmundigen ursprünglichen Ankündigungen, die Rechte der Urheber stärken zu wollen, buchstäblich mit Füßen" trete. Wie die Zunft mit ihren mehr als 400 angeschlossenen Autoren weiter ausführte, könne von der anvisierten "Augenhöhe" keine Rede mehr sein. Vielmehr sei das Kündigungsrecht der Urheber "zur Unkenntlichkeit verstümmelt" worden: Anders als ursprünglich vorgesehen, sollen Autoren die Nutzungsrechte an ihren Arbeiten nicht nach fünf Jahren wieder zurückrufen und an jemand anderen vergeben dürfen; stattdessen wird Urhebern erst nach zehn Jahren erlaubt, einen neuen Verwerter zu suchen, und parallel darf der erste Nutzer die Lizenz weiter für seine Zwecke nutzen. Die Informationspflicht als Grundlage für eine angemessene Vergütung sei entscheidend eingeschränkt worden; ein jährliches Auskunftsrecht der Urheber hinsichtlich der Nutzung ihrer Werke und der damit erzielten Erträge wurde um verschiedene Ausnahmen ergänzt. Die geplante Begrenzung für "Total Buy-Outs" entfällt, obwohl die Existenz des oben benannten Vergütungsproblems nach wie vor auch durch das Justizministerium bestätigt wird; nun sollen lediglich Dauer und Häufigkeit der Nutzung beim Festlegen der Entlohnung berücksichtigt werden. Auch formal bemängelt die SAZ die Novelle, da sich in ihr "statt klarer Regeln blumige Interpretationsspielräume für Juristen" fänden. So kann zum Beispiel ein Auskunftsanspruch nicht nur unverhältnismäßig sein, wenn der antragstellende Urheber einen geringen Beitrag zum fertigen Werk geleistet hat oder Letzteres ein Computerprogramm ist, sondern auch "aus anderen Gründen", was reichlich Deutungsspielraum und damit Unsicherheit für künftige Gerichtsverfahren lässt. Die Autorenzunft interpretierte die Neufassung als "absolutes Einknicken gegenüber den Verwertern und wirtschaftlich Mächtigen" und bezeichnete das Verhalten der deutschen Politik gegenüber den Kreativen als arrogant.