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19.10.2020 – „Die SPIEL.digital ist eine Chance mit großen Unsicherheiten.“ Henning Poehl, Chef der Vertriebsgenossenschaft Spiel direkt eG, beschreibt das Dilemma, mit dem vor allem kleine und Kleinstverlage in diesem Jahr konfrontiert sind, weil die Internationalen Spieltage coronabedingt ins Internet umziehen mussten. Zwar findet es Poehl – wie auch viele andere Akteure der Szene – gut, dass die weltweit größte Messe für Gesellschaftsspiele nicht ersatzlos ausfällt, aber die rein digitale Variante ist auch riskobehaftet. Aus vielerlei Gründen.

 

 

Deswegen nehmen auch gerade einmal 15 der rund 60 Verlage, die ihre Titel über die Genossenschaft vertreiben, an der SPIEL.digital teil. Dabei sind: 2F-Spiele, Blue Cocker Games, Feuerland Spiele, Mücke Spiele, Oink Games, Ostia Spiele, Skellig Games, Steffen Spiele, Suncore Games, Spielefaible, Now games, Board Game Circus, Helvetiq, Frosted Games und Strohmann Games. Und das sind auch nicht gerade die kleinsten unter den Mitgliedern, die meisten sind seit Jahren feste Größen in der Branche.

 

Nichtsdestotrotz trifft der Ausfall der Messe vor allem die kleinen Verlage besonders hart. Warum? „Viele von ihnen erwirtschaften einen wesentlichen Teil ihres Umsatzes auf dieser Veranstaltung“, erklärt Poehl. Deswegen wird es auch bei der digitalen Messe-Variante Shops geben, und auch Spiel direkt stellt selbst einen Messeshop für Endkunden auf die Beine. „Wir möchten so zum einen den Messebesuchern den Spontankauf von interessanten Spielen ermöglichen. Zum anderen haben unsere Verlage die Möglichkeit, den fehlenden Direktverkauf etwas zu kompensieren. Der Shop wird nur während der SPIEL.digital geschaltet sein und nur die Neuheiten der dort ausstellenden Verlage im Sortiment haben.“ Ob das aber ausreicht, um die zu erwartenden Ausfälle wirklich zu kompensieren, muss abgewartet werden.

 

Auch wenn in diesem Jahr die Mieten für einen Messestand wegfallen und somit der Aufwand geringer ist, kostet auch ein Auftritt bei der SPIEL.digital Geld. Und der Aufwand dafür sei groß, sagt Poehl. Zu einem professionellen Auftritt gehöre mehr, als ein Foto und ein Warenkorblink zu veröffentlichen. Die benötigten Zusatzressourcen wie Videos, digitale Erklärungen der Regeln und insbesondere eine virtuelle Demorunde seien für kleine Verlage kaum zu stemmen. Henning Poehl erklärt den entscheidenden Unterschied: „Auf der Messe kommen die Besucher zum Stand, können neue Spiele ausprobieren oder sich vom Material überzeugen. Dieser wichtige Kontakt zu den Endkunden fällt leider weg. Auch das Ausprobieren von Spielen ist im Rahmen einer digitalen Messe nur dann möglich, wenn es eine Online-Umsetzung des Spiels mit virtuellen Spieltischen gibt. Genau diesen Schritt können viele Verlage leider nicht gehen.“ Positiv findet Poehl allerdings, dass der Friedhelm-Merz-Verlag alle Angebote auch über das offizielle Ende der Messe am Sonntag, 25. Oktober, hinaus zugänglich machen möchte.

Einige Neuheiten der Verlage der Spiel direkt möchte Henning Poehl wenigstens hervorheben: „Bei Feierabend von 2F-Spiele zum Beispiel ist es Aufgabe der Spieler, sich vom Arbeitsleben zu erholen. Skellig Games bietet mit Insel der Katzen das Thema schlechthin: Katzen! Es handelt sich um ein Kartendrafting-Mechanismus und bietet je eine Regel für Familien und Experten. Ebenfalls sehr zeitgemäß: Das Legespiel Palavan von Steffen Spiele bietet kniffelige Rätsel für nur eine Person. Helvetiq bietet das kooperative Spiel Keine Gnade für die Monster, bei dem die Gruppe unter Zeitdruck ein Haus gegen Monster verteidigen muss. Welcome to Las Vegas von Blue Cocker ist ein feines Roll ’n’ Write-Spiel, bei dem die Spieler Zahlen im eigenen Casinobogen eintragen müssen. New York Zoo von Feuerland Spiele lädt zum Puzzlespiel ein, bei dem die Kontrahenten Tiere züchten, um ihre Gehege zu füllen. Das alles sind aber nur einige der vielen Neuheiten unserer Mitglieder.“

 

Trotz des besonderen Messeverkaufs könne laut Poehl der wesentliche Absatz der Spiele während der Pandemie nur über den Fachhandel erfolgen. Poehl versichert, dass der Vertrieb alle Neuheiten direkt mit dem jeweiligen Erscheinen ausliefern wird. Er fügt hinzu: „Der Fachhandel kann dieses Jahr sogar einen zusätzlichen Vorteil für sich geltend machen: Während früherer Messen waren Spiele teilweise sofort vergriffen. Dieses Jahr können Händler auch Titel mit kleinen Auflagen ins Programm nehmen. Das schafft mehr Interesse von Käufern, die sich sonst vorrangig auf der Messe nach diesen Spielen umsehen.“